Die Sorge, einem Menschen mit einem Verdacht Unrecht zu tun, ist sehr weit verbreitet.
Das ist verständlich, denn ein Verdacht, egal ob berechtigt oder unberechtigt, schädigt den Ruf der Person. Aber sexuelle Gewalt zu übersehen aus Angst, jemanden falsch zu verdächtigen, fügt betroffenen Kindern und Jugendliche ungleich mehr Schaden zu, weil Taten nicht verhindert und sie zusätzlich allein gelassen werden!
Die meisten Falschverdächtigungen entstehen nicht, weil Kinder oder Jugendliche die Unwahrheit sagen, sondern eher, weil Erwachsene vorschnell einen Verdacht aussprechen oder Gerüchte verbreiten, wenn ihnen Situationen oder konkretes Verhalten merkwürdig oder verdächtig vorkommen. Manche Menschen interpretieren Verhaltensänderungen bei Kindern und Jugendlichen als scheinbar sichere Anzeichen von sexueller Gewalt oder missverstehen ihre Äußerungen. Einige sind so voller Sorge, dass sie voreingenommen mit Kindern oder Jugendlichen sprechen. Unbeabsichtigt bringen sie diese dazu, so zu antworten, wie es vermeintlich von ihnen erwartet wird.
Menschen, die zu Unrecht unter Verdacht geraten, sollten alles tun, um zur Aufklärung der Situation beizutragen. Aber auf keinen Fall dürfen sie das Kind oder den*die Jugendlich*e unter Druck setzen, damit diese sie möglichst schnell entlasten. Das kann schnell manipulativ wirken und die Situation verschlimmern.
Gleichzeitig müssen wir wissen, dass sich ein Verdacht nicht darüber klären lässt, dass wir die verdächtigte Person konfrontieren. Denn sowohl zu Unrecht Beschuldigte wie auch Täter und Täterinnen bestreiten solche Vorwürfe gleichermaßen. Deswegen ist es so entscheidend, dass erfahrene Fachleute mit Kindern und Jugendlichen sprechen. Sie können am ehesten bewerten, wie die Aussagen einzuordnen sind und ob sich über diese Aussagen ein Verdacht erhärten oder im Gegenteil ausräumen lässt.